Bio-Wasserstoff

Wasserstoff-Busse

Mit Wasser fahren - nur eine Utopie?

So hat es sich schon Jules Verne vorgestellt und in der Sache Recht behalten.

Herbstanfang

Freitagnachmittag an einer Haltestelle in der Nähe vom Wochenmarkt. Es ist ein trockener und kühler Tag. Die Sonne lugt ab und zu durch die Wolken. Es ist schön die Augen zu schließen und ihre Wärme zu spüren. Plötzlich sind da Geräusche um mich. Leute gehen dicht an mir vorbei. Sie sind gerade aus einem Bus gestiegen. Ich habe ihn gar nicht bemerkt, so unauffällig ist er gekommen. Das ist nicht meine Linie, werde wohl noch ein wenig warten müssen. Mit einem leisen Pfeifen zieht der Bus weiter, zurück bleibt eine kleine weiße Wolke.

Früher war alles besser

Der Kraftomnibus hat das Leben der Menschen im 20. Jahrhundert nachhaltig verändert. Städte und Dörfer ohne räumliche Nähe zur Eisenbahn konnten damit erreicht werden und für die Mehrzahl der Leute stand endlich ein Verkehrsmittel zur Verfügung, das sie sich leisten konnten. Zunächst spielten Kraftstoffverbräuche noch keine so große Rolle und es wurden bewährte Ottomotoren in die Fahrzeuge eingebaut. Später mit steigenden Erdölpreisen, Energiekrisen und einer entsprechend fortgeschrittenen Technik dann Dieselmotoren. In den 1980er Jahren wurde die Luft vor allem in den Innenstädten immer dicker und man begann, sich für Möglichkeiten zur Reinigung der Abgase zu interessieren.

Während der 1990er Jahre wurden erste dieselbetriebene Busse mit Rußfiltertechnik gebaut und Erdgasbusse getestet. Schließlich verkehrten auch sie im normalen Liniendienst. Der Wechsel von Diesel zu Erdgas leitete eine neue Ära ein. Das bis dahin vorhandene Monopol der flüssigen, aus Erdöl bzw. Kohle erzeugten Kraftstoffe war durchbrochen.

Die ersten visionären Hoffnungen keimten. Die Herstellung von Biogas in der Landwirtschaft bot eine Möglichkeit, den öffentlichen Verkehr nachhaltiger zu machen. Probleme bei der Reinigung des entstehenden Gases konnten dann längere Zeit nicht gelöst werden. Mittlerweile ist das möglich, aber die Entwicklung lässt sich nicht aufhalten. Ehe der Erdgas-/Methangas-Bus seinen Siegeszug in der Welt antreten kann, ist er technisch gesehen schon wieder Geschichte.

Das aus der Produktion von solchen Bussen gewonnene Wissen und die industrielle Verfügbarkeit von Fahrzeugkomponenten für die Verbrennung von gasförmigen Brennstoffen erleichterte ganz erheblich die Entwicklung von wasserstoffgetriebenen Verbrennungsmotoren. Die Mehrkosten für die Entwicklung und Herstellung von Prototypen hielten sich in erträglichen Grenzen. Erste Schritte wurden in Kanada mit der Beimischung von Wasserstoff zu Erdgas gemacht. Der dabei eingesetzte Treibstoff HYTHANE (R) enthielt ca. 20 % Wasserstoffanteil. Bereits 1996 konnte die Fa. MAN den ersten mit Wasserstoffverbrennungsmotor ausgestatteten Bus vorstellen und im öffentlichen Nahverkehr von Erlangen und München einsetzen. Ab Mitte 1999 wurden dann zwei Niederflurgelenkbusse für den Flughafen München bestellt und im Rahmen des Vorhabens ARGEMUC betrieben. Die Firma NEOPLAN steuerte ebenfalls noch ein Fahrzeug zu den Erprobungen bei. Heute ist die Technik serienreif.

Die nächste Generation von Bussen befindet sich gerade in Entwicklung. Dabei spielt vor allem die Senkung des Energieverbrauchs eine zentrale Rolle. Das Zauberwort lautet hier Hybridtechnik. Sie war immer mal wieder Gegenstand der Forschung und Entwicklung, kam aber bisher über das Prototypenstadium nie ernsthaft hinaus.

Mittlerweile arbeiten alle namhaften Bushersteller auf der Welt an ersten seriennahen Fahrzeugen mit Schwungmassenspeicher, Super-Kondensatoren oder speziellen Speicherbatterien, um an Haltestellen ohne laufenden Motor die Fahrgäste aufzunehmen, geräusch- und emissionslos anzufahren und um Bremsenergie nutzen zu können. Dabei darf das Gewicht der zusätzlichen Komponenten nicht zu groß werden. Im Stadtverkehr lassen sich so 20 bis 30 % Treibstoff sparen und es werden weniger Schadstoffe ausgestoßen. Hinsichtlich des Wirkungsgrades sind die heute verwendeten Verbrennungskraftmaschinen weitgehend ausgereizt. Partikelfilter für die Abgasnachbehandlung sind mittlerweile verfügbar und die Abgasnormen EURO 5, EURO 6 und EEV können noch erfüllt werden. Neue Ideen sind also gefragt.

Der Natur auf der Spur

Der Einsatz von elektrischen Komponenten in Verbindung mit mechanischen Antriebssträngen legt generell den Gedanken nahe, irgendwann einmal einen vollelektrischen Antrieb (serieller Hybrid) zu bauen. Herzstück des Systems ist eine Brennstoffzelle. Dabei schlägt man dann gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe. Die BZ wandelt die in den Tanks vorhandene Energie des Wasserstoffs (Sekundärenergieträger) auf elektrochemischen Weg in Gleichstrom um. Auch die Natur kennt elektrochemische Prozesse. Sie haben sich im Verlaufe der Evolution bewährt und es gibt gar keinen Grund für uns, das Vorbild nicht zu kopieren. Der erzeugte Strom wird dann für den Antrieb der Elektromotoren an den Rädern verwendet. Neben der signifikanten Geräuschreduzierung und der weiteren Senkung der Abgasemissionen kann auch noch von einem höheren Energieausnutzungsgrad ausgegangen werden. Im Gegensatz zum Wasserstoffverbrennungsmotor werden somit auch größere Reichweiten mit einer Tankfüllung erreicht, was die Einsatzmöglichkeiten deutlich erweitert bzw. Chancen zur Gewichtseinsparung eröffnet.

Erste Versuche ab 1994 in den USA erfolgten unter Verwendung von Methanol zur „Befeuerung“ der Brennstoffzellen. In Europa ging man gleich zur Verwendung von Wasserstoff über und baute erste Demonstrationsfahrzeuge wie den NEBUS und den ZEBUS. Mittlerweile ist die Technik so weit, dass erste Kleinserien aufgelegt werden. Allerdings ist zunächst noch massive öffentliche finanzielle Förderung notwendig, um Erfahrungen und Erkenntnisse für die Weiterentwicklung zu sammeln.

Der im Augenblick gefeierte Diesel-Hybridbus ist nur eine Zwischenstufe auf dem Weg zum Wasserstoff-Hybridbus mit Brennstoffzelle. Im Prinzip werden diese Fahrzeuge heute schon von Beginn an so entwickelt, dass Ethanol (nur SCANIA), Diesel, Erdgas oder Wasserstoff zum Antrieb verwendet werden können. Die Fahrzeughersteller sind für alle Fälle gewappnet, aber noch nicht sicher, in welche Richtung die zukünftige Energiepolitik geht. Das liegt an der mittlerweile ziemlich unübersichtlichen Lage auf dem Gebiet der Biokraftstoffe und weltweit werden von den Regierungen unterschiedliche Strategien gefahren. Bei einer Betrachtung aller Energieverluste in der Kette vom Primärenergieträger bis zum Endverbraucher allerdings gibt es nur einen Stoff, der alle um Größenordnungen schlagen kann - Wasserstoff aus Biomasse hergestellt und in einer "echten Wasserstoffwirtschaft" eingesetzt.

Auf der Welt lebt heute bereits 50 % der Bevölkerung in Städten und diese Entwicklung wird weitergehen. Es besteht ein riesiger Transportbedarf innerhalb der Ballungsräume, der nicht überall mit Metros und Straßenbahnen abgedeckt werden kann. Die Menschen müssen sich endlich entscheiden, wie sie bewegt werden wollen und Einfluss auf die Politik nehmen.

Saubere Luft in der Stadt - ein Traum?

Dieselrusspartikel, Schwefelgeruch und blaue Abgaswolken kennt wohl jeder. Die sichtbaren Zeichen des Nahverkehrs werden mit der Verbreitung von neu angeschafften Fahrzeugen nach und nach verschwinden. Allerdings bleiben die Spuren der Gewinnung der fossilen Energieträger bzw. der „neuen grünen“ synthetischen Kraftstoffe in vielen Regionen der Welt sichtbar. Da bessere Alternativen bereitstehen, kann es eigentlich nur einen Weg geben, den Kauf von wasserstoffgetriebenen Bussen. Dabei sollten wir immer daran denken, dass jeder neu gebaute Bus im Linienbetrieb mindestens 15 Jahre fahren muss, damit er sich rechnet. Je früher also damit begonnen wird, umso besser für uns alle.

Die Beschaffungskosten für wasserstoffgetriebene Busse sind im Augenblick das wohl größte Hindernis auf dem Weg zu einem extrem emissionsarmen Nahverkehr in den Ballungszentren der Welt. Für die Beschaffung eines Dieselbusses mit Filtertechnik sind ca. 250.000,- bis 300.000,- Euro anzusetzen. Ein leistungsgleicher Erdgasbus kostet ca. 35.000,- bis 45.000,- Euro mehr. Am teuersten in der Serienproduktion sind im Augenblick die Trolleybusse, die bei gleichen Parametern mit 600.000,- Euro und mehr zu Buche schlagen. Zusatzantriebe zur Verbesserung ihrer Flexibilität führen zu weiteren Kostensteigerungen. Hybridantriebe verteuern die Fahrzeuge aller Kategorien mit Verbrennungsmotor um zurzeit ca. 30 %.

Die Einführung des wasserstoffbetriebenen Verbrennungsmotors in die Serienproduktion steht dank der Wegbereiterrolle des Erdgasbusses unmittelbar bevor. Die NEOMAN-Gruppe ist im Moment auf der Suche nach den ersten Großkunden. Im Rahmen des europäischen Projektes HYFLEET/CUTE werden 14 Busse bei der BVG (Berlin) mit Saug- bzw. Turbomotor (4 Stück/10 Stück) zum Einsatz kommen. Als einziger Wettbewerber hat die Fa. Van Hool (Belgien) im Jahr 1994 ebenfalls einen MAN-Verbrennungsmotor in ein eigenes Chassis eingebaut. Allerdings folgten diesem Prototypen keine weiteren Modelle. Die Mehrkosten gegenüber den normalen Erdgasbussen sollen sich in vertretbaren Grenzen halten.

Die Entwicklung und Produktion eines wasserstoffbetriebenen Brennstoffzellenbusses dagegen ist im Augenblick noch sehr teuer. Es stehen kaum Systemkomponenten von der Stange zur Verfügung und es werden nur sehr kleine Stückzahlen gefertigt. Die im Projekt Hyfleet/Cute eingesetzten 36 Fahrzeuge (Daimler Citaro) der EVOBUS-Gruppe sollen pro Stück ca. 1,25 Mio Euro wert sein. Ein Einzelexemplar des vom Wettbewerber Van Hool hergestellten A 330 soll ca. 1,5 Mio Euro kosten, bei einer Abnahme von gleichzeitig fünf Bussen würde der Stückpreis bei ca. 1 Mio Euro liegen. Damit steht fest, dass bis zur Serienreife der Preis noch um den Faktor 3 bis 4 sinken muss.

Citaro Bus Citaro (Bild mit freundlicher Genehmigung von www.nucellsys.com)

Erfolg versprechend in dieser Hinsicht könnte der Ansatz sein, das nächste Demonstrationsfahrzeug des Hyfleet/Cute-Projektes ebenfalls als Hybridfahrzeug auszulegen und auf bereits entwickelte bzw. in Entwicklung befindliche Komponenten zurückzugreifen. Dabei ist geplant, den Brennstoffzellenantrieb der B-Klasse aus der PKW-Sparte von Daimler Chrysler zu nutzen (zwei BZ mit je 90 kW ) und damit die Entwicklungs- und Stückkosten drastisch zu senken. Zusätzlich wird eine Hochleistungsbatterie eingebaut, die sich vor allem beim Anfahren am Berg und beim starken Beschleunigen positiv bemerkbar macht. Sie soll auch Bremsenergie speichern und letztendlich Wasserstoff sparen helfen. Das Fahrzeug wird wohl auf dem noch für dieses Jahr angekündigten Diesel-Hybridbus aufbauen. Die Fertigstellung in Kirchheim-Nabern durch die Fa. NuCellSys GmbH wird für das Jahr 2008 erwartet. Andere Hersteller wie MAN und SCANIA gehen einen ähnlichen Weg. Die Firma Van Hool aus Belgien hat bereits einen Brennstoffzellen-Hybridbus vom Typ A 330 gebaut. Dieser nutzt allerdings noch Brennstoffzellen, die extra für den Betrieb in schweren Fahrzeugen entwickelt worden sind. Es kommen hier, wie bisher im Fahrzeugbereich üblich, NT-PEFC (BZ mit einer Arbeitstemperatur von 80 Grad Celsius) zum Einsatz. In Hamburg ist dieser Bus dieses Jahr bereits getestet worden.

Eine weitere Entwicklungsmöglichkeit für die Zukunft wäre der Einsatz von HT-PEFC (BZ mit einer Arbeitstemperatur bei 180 Grad Celsius). Dadurch wird nicht nur die Zuverlässigkeit des Antriebs weiter erhöht, gerade hinsichtlich störender CO-Verbindungen in der Brennstoffzelle selbst. Es besteht auch die Möglichkeit der Nutzung der entstehenden Abwärme zur Klimatisierung der Fahrgasträume zu allen Jahreszeiten und damit zur weiteren Verringerung des Wasserstoffverbrauchs im Einsatz.

Die Gesellschaft BC Transit in British Columbia, Kanada hat im Herbst 2007 mit finanzieller Unterstützung der Provinz- und Zentralregierung eine Wasserstoffbusflotte von 20 Fahrzeugen bei der Firma New Flyer Industries, Winnipeg bestellt. Die Gesamtkosten belaufen sich auf 46,4 Mio. kanadische Dollar. Die Busse sollen eine Reichweite von 500 km haben und bis zu 90 km/h schnell sein. Als Lebensdauer werden 20 Jahre prognostiziert, die Unterhaltskosten sollen geringer als bei Bussen mit Verbrennungsmotor sein. Eine Brennstoffzelle von Ballard mit 130 kW wird für den Vortrieb sorgen. Der Vorserienbus ist für Mitte 2008 angekündigt, ab 2009 werden die ersten Linienbusse in Whistler eintreffen und die gesamte Flotte soll zu den olympischen Winterspielen 2010 eingesetzt werden. Damit wird Kanada als eines der ersten Länder über regulär im Linienbetrieb eingesetzte Spitzentechnologie in nennenswerter Stückzahl verfügen.

Wasserstoff preiswert und grün - Illusionen und Visionen

Dampfreformation und Elektrolyse sind im Moment die häufigsten Herstellungsformen für den eingesetzten Wasserstoff. Dabei werden fossile Energieträger verwendet bzw. wertvoller „grüner Strom“ eingesetzt. Beide Wege bieten dauerhaft keine nachhaltige Lösung. Die Nutzung von überschüssigem Wasserstoff aus der Petrol-, Chemie- und Stahlindustrie wäre zunächst ein Ansatz, um funktionierende Insellösungen für einzelne Regionen zu schaffen und ein kleines Tankstellennetz für den ÖPNV aufzubauen.

Der Anbau von Energiepflanzen zur Erzeugung von Wasserstoff in Biogasanlagen mit integriertem Steam-Reformer ist eine sehr Erfolg versprechende und preiswerte Herstellungsmethode, wenn die gesamte Energiewirtschaft auf den Sekundärenergieträger Wasserstoff aufgebaut wird. Wasserstoff wird dann durch die bereits verlegten Erdgasleitungen strömen und der Aufbau eines Tankstellennetzes geht viel leichter und kostengünstiger, als gedacht (zum Weiterlesen: www.bio-wasserstoff.de). Ein erster Schritt dazu wird bereits in Kanada getan. Die Freiberger Firma Choren Industries errichtet dort eine Anlage zur Herstellung von Wasserstoff aus Biomasse, die im Jahr 2008 in Betrieb gehen soll.

 

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